Einführung AVWS

  • AVWS bedeutet "Auditive Verarbeitungs- und Wahrnehmungs-Störung".
    Das ist eine Störung der Verarbeitung und Wahrnehmung gehörter (= auditive) Informationen.
    Auditive Informationen sind Töne und Sprach-Signale wie zum Beispiel Laute, Silben oder Wörter.
  • Die Besonderheit ist, dass die Ohren normal hören.
    Das Gehirn macht jedoch Fehler beim Weiterleiten (= auditive Verarbeitung), Verstehen und Erfassen (= auditive Wahrnehmung) der gehörten Informationen.
  • Einfach ausgedrückt: Menschen mit AVWS hören normal, verstehen aber das, was sie hören, nicht richtig oder anders.
  • Das Gehirn braucht viele Einzel-Leistungen (auditive Teilleistungs-Bereiche), um die gehörten Informationen überhaupt zu verarbeiten und zu verstehen.
  • Aus medizinischer Sicht unterscheidet man 2 Formen der AVWS: "spezifische" oder "isoliere" AVWS und "unspezifische" AVWS:
    • Bei der "spezifischen" AVWS sind die Betroffenen ausschließlich in den Teilleistungs-Bereichen der auditiven Verarbeitungs- und Wahrnehmung eingeschränkt.
    • Bei der "unspezifischen" Form treten AVWS in Kombination mit anderen Störungen auf.
  • Diese Unterscheidung ist wichtig, damit die richtigen Fördermaßnahmen an Schulen umgesetzt werden können.
  • Dabei sind andere notwendige Denk-Leistungen (kognitive Fähigkeiten wie die Konzentrations-, Intelligenz- und Aufmerksamkeits-Leistung) normal.
    Etwa 2 bis 3 % der Kinder haben diese bestimmte oder sogenannte „spezifische“ bzw. „isolierte“ AVWS.
  • AVWS treten deutlich häufiger in Kombination mit anderen Störungen auf wie zum Beispiel Sprachentwicklungs-Störung, Aufmerksamkeits-Störung (AD[H]S), Lese-Rechtschreib-Störung oder anderen Wahrnehmungs-Störungen. 

Eine AVWS kann verschiedene Auswirkungen haben, die sich meist langfristig zeigen – auch psychosozial.
Eine AVWS kann erschweren:

  • das Sprechen-Lernen und Schreiben-Lernen,
  • dass man sich Gehörtes merkt; das betrifft Telefonnummern genauso wie eine mehrteilige Handlungs-Anleitung oder einen umfangreichen Arbeitsauftrag,
  • das Sprachverstehen; vor allem in lauten Umgebungen verstehen Menschen mit AVWS oft viel schlechter als Menschen ohne AVWS.

AVWS können außerdem

  • zu Missverständnissen führen, wenn etwas nicht richtig oder anders verstanden wird,
  • die Betroffenen unter großen Leistungs- und Leidensdruck setzen. Das ist oft dann so, wenn die „Andershörigkeit“ nicht diagnostiziert wurde oder vor anderen verheimlicht werden soll.

Meist treten nicht alle Merkmale auf, sondern jeder hat seine "eigene AVWS".
Die Beeinträchtigungen bei Betroffenen durch die AVWS können ganz unterschiedlich sein.
Das ist abhängig von:

  • der Situation; Gruppenarbeiten, Team-Sitzungen oder Vorträge sind z. B. besonders anstrengend,
  • dem aktuellen körperlichen und geistigen Erschöpfungs-Zustand.

Deshalb ist es wichtig herauszufinden, welche Schwierigkeiten die Betroffenen genau haben.
Nur dann können wirksame Hilfen angeboten werden oder Betroffene sich diese selbst suchen.

Wie sich eine AVWS genau auswirken kann, stellt diese Website vor (www.leben-mit-avws.de).

  • Aktuell ist eine Diagnostik der AVWS vor allem für Kinder in der Altersspanne von 6 bis 12 Jahren möglich, weil hier die Auswahl an Testverfahren am größten ist.
  • Eine umfangreiche Überprüfung auf AVWS findet bei Kindern meist an HNO-Kliniken (Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde) mit eigenen pädaudiologischen Abteilungen statt.
  • Auch niedergelassene HNO-Ärzte mit pädaudiologischer Fachausbildung und/oder entsprechender Praxisausstattung können bei Kindern eine Diagnostik durchführen.
  • In vielen Bundesländern gibt es für Kinder und deren Bezugspersonen die Möglichkeit, sich in "Pädagogisch-Audiologischen Beratungszentren" zur weiteren schulischen Förderung begutachten und beraten zu lassen.
    Diese sind häufig an Förderzentren für Hören und Kommunikation angegliedert.
  • Sehr viele Schüler mit diagnostizierter AVWS lernen an Förderzentren für Hören/Sprache/Kommunikation.
    Dort gibt es besondere Lernbedingungen: Unterrichts-Methodik, Raumgröße, Klassengröße und technische Ausstattung werden an die Lern-Anforderungen von Menschen mit AVWS angepasst.
  • Zunehmend werden Schüler mit AVWS in Regelschulen beschult und erhalten durch Förderpädagoginnen unterstützende Begleitung.
  • Für beide Arten der Beschulung muss ein Feststellungs-Verfahren zum sonderpädagogischen Förderbedarf bestätigt sein.
  • Manchmal werden die Schwierigkeiten im Bereich der auditiven Verarbeitung und Wahrnehmung erst im höheren Schul-/Lebensalter so problematisch, dass erst dann eine Überprüfung auf AVWS gewünscht oder veranlasst wird.
  • Eine AVWS-Diagnostik ist bei Jugendlichen und  Erwachsenen viel schwieriger.
    Für diese Altersgruppen gibt es deutlich weniger normierte Testverfahren, kaum Beratungsstellen und Informationsangebote.
    Die Betroffenen stehen oftmals in einem diagnostischen, therapeutischen und sozialpolitischen "Niemandsland".
     

Daran möchte das Forschungs-Projekt "Selbstwahrnehmung und Lebenswelt von Jugendlichen und Erwachsenen mit AVWS (Kurzform: SL.AVWS)" etwas ändern.

 

 

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