Wie sich andere verhalten
Unverständnis und Stigmatisierung
Betroffene erzählen zum Beispiel von:
- Unverständnis der Mitschülerinnen, weil der Klassenraum extra für ihn angepasst wurde
- Anfeindung mit den Worten, wie "Das kann doch jeder sagen!", weil sie einen Nachteilsausgleich erhält und das als unfair erlebt wird
- Mobbing durch den Grundschullehrer, der sie als dumm abgestempelt hat
- Vorwurf, dass sie sich nur wichtig machen will
- Rückmeldung, dass er komisch und sensibel ist
- Zweifel der Familienangehörigen an der Diagnose, die von ihm nur als Ausrede für seine Unkonzentriertheit genutzt wird
- Unterstellung der HNO-Ärztin, dass sie psychische Probleme hat und einfach nicht hören will
- Vorwurf von Freunden, dass er nicht an ihnen interessiert ist, weil er kaum nachfragt oder vieles vergisst
- Vorwurf des Bruders, dass sie sich die AVWS nur einbildet
Betroffene erzählen, dass andere zum Beispiel:
- sagen, dass er "doch mal zuhören" und sich "doch mal Mühe geben soll"
- nachfragen, ob sie nicht zuhören "will"
- die AVWS nicht ernst nehmen, weil man ihm diese nicht ansieht
- immer wieder vergessen, dass sie AVWS hat
- rückmelden, dass man ihm die Einschränkung gar nicht anmerkt
- ungläubig schmunzeln, wenn sie von ihrer AVWS erzählt
- rückmelden, dass sie verpeilt ist und sich nichts merkt
- unterstellen, dass er gestresst ist, obwohl das nicht stimmt.
Der Nachteilsausgleich muss immer wieder neu mit den Lehrern verhandelt werden:
„Aber ja, es ist manchmal bisschen schwer, wenn man das erste Mal einen neuen Lehrer hat, und dann sagt man: "Hey, ich darf 25 % Zeitverlängerung" und dann kommt gleich immer die Frage: "Ja was denn, wo denn, wie denn?" Wie gesagt, das ist nicht so super, die Lehrer da.
I: Mhm, muss man erst mal dann erklären.
B: Ja, ich hab neulich den Fall gehabt, da musst ich, jetzt muss ich noch mal ´ne Klassenarbeit nachschreiben, weil ich die Aufgabenstellung nicht verstanden hab. Und der Lehrer war nicht da. Und der war auch total überrascht, als ich ihm gesagt habe, dass ich 25 % Zeitverlängerung habe, alles schriftlich brauche und das es nicht funktioniert mit so komplizierten formulierten Aufgaben. Naja, und ich hab den jetzt schon sehr lange.“
(W. P., 169-171)
Verständnis und Unterstützung
Betroffene erzählen zum Beispiel:
- andere sind oftmals überrascht, wenn sie von der AVWS erfahren
- es existieren viele Unwahrheiten über AVWS
- andere sehen nicht, wie stark eine AVWS beeinträchtigen kann
AVWS ist noch nicht in der Mitte der Gesellschaft angekommen:
„Also die AKZEPTANZ von AVWS, die muss sich einfach erst mal verbessern, ähm, gesamtpolitisch einfach oder gesellschaftlich, grade auch bei den Ärzten. Der HNO-Arzt sagt, sag....Also der letzte HNO-Arzt, bei dem ich war, der hat gesagt: "Naja, dann strengen Sie sich halt mehr an! Dann hör´n Sie auch wieder alles. Dafür brauchn.....brau....dafür brauch´n ´se doch kein Stempel, dass Sie was haben." Ne? Also wenn SELBST so´n gut angesehener HNO-Arzt schon so ´ne Meinung rüberbringt, obwohl du die Unterlagen von der Uni-Klinik dabei hast, heißt einfach, dass es auch im im Portfolio der Weiterbildungen bei ÄRZTEN oder bei Fachärzten noch nicht bekannt ist.
I: Mhm (bejahend), Mhm (bejahend)
B: Oder viele Fachärzte es entweder Angst vor Kosten haben oder einfach sich nicht für interessieren und so. Es ist einfach noch nicht in´ner Mitte...gesellschaft als Thema angekommen. Ne?“
(RP 375-377)
Betroffene erzählen zum Beispiel von:
- geduldigen und verständnisvollen Eltern, die fördern, unterstützen und Rückhalt geben
- informierten Beraterinnen, die zum Beispiel in Schule und Beruf über AVWS aufklären
- aufgeklärten Beratern, die zum Beispiel bei notwendigen Anpassungen helfen und unterstützen
- spezialisierten Einrichtungen wie zum Beispiel Schulen für Hörgeschädigte, die helfen bzw. unterstützen und dadurch Selbstbewusstsein fördern
Betroffene erzählen zum Beispiel davon, dass
- der Klassenraum angepasst wurde durch Förder-Lehrer wie zum Beispiel durch Korkwände, Gardinen, Teppichboden
- die Lehrerin einen besseren Sitzplatz im Raum ausgewählt hat
- der Lehrer die Erlaubnis gegeben hat, den Raum für bestimmte Aufgaben zu verlassen
- die Lehrerin die Lern-Bedingungen angepasst hat wie zum Beispiel Diktat rückwärts lesen
- die Lehrerin eine bessere Note gegegeben hat, weil in Prüfung die Leistung nicht vollständig gezeigt wurde
- Kollegen ihnen Mut zusprechen
- Kollegen sich für bessere Arbeits-Bedingungen engagiert haben
- die Arbeits- und Lern-Bedingungen durch die Integrations-Beraterin überprüft wurden
- die Eltern unterstützt haben
- das Hörgerät durch den Hörakustiker angepasst wurde
- sie sich mit anderen Mitgliedern in einem Forum austauschen
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